Schwarmintelligenz in ihrer schönsten Form

Frühjahr und Herbst sind die Jahreszeiten des Wandels. Farbenpracht, Veränderung – die Natur scheint alles aufzubieten, was sie hat. Selten begeistert uns der Wandel so sehr, sind wir doch im Allgemeinen bemüht nicht allzu viel zu verändern. Manche mögen sich für den Frühling begeistern, verheißt er doch Sonne, Wärme, fleißige Bienen und Blütenpracht– ach entschuldigen Sie, heute heißt es ja Buchen, Garderobe überprüfen, Grill kaufen und den neusten Diättrend nicht verpassen für die Bikini-Figur (ein kleiner Scherz). Der Herbst ist eigentlich von Zerfall und Rückgang gekennzeichnet, weiß uns aber ebenfalls durch seine Farben und dem frischen Wind zu begeistern. Es ist aber auch die Zeit der „Schwarzen Sonne“ an der deutsch-dänischen Grenze.

Die Natur erlebt in dieser Zeit gewaltige Umbrüche. Sommer und Winter sind geradezu Ruhezeiten der Entspannung und Beständigkeit – wenn nicht gerade Klimawandel, Brandrodung oder andere Dinge daherkommen. Tiere begeben sich auf Wanderschaft und wechseln ihren Standort, um zu ihren Brutplätzen oder ihrem Winterquartier zu gelangen. Eigentlich ist diese „Wanderung“ schon ein Naturschauspiel an sich. Aber „Sort Sol“ – so nennen es die Dänen- ist noch einmal ein besonderes Spektakel. Ein Spektakel, an dem Hunderttausende Stare beteiligt sind.

Auf eben jener erwähnten Durchreise von den Brutgebieten im Norden zu den warmen Winterquartieren in südlichen Gefilden, machen die Stare eine Pause auf den Marschwiesen der Region um TØnder, in der Nähe des dänischen Ruttebüll am Ruttebüller See.

Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang müssen Beobachter die Stare und ein gutes Plätzchen gefunden haben, bevor das „Himmels-Ballett“ der Stare beginnt. Die Profis unter den Beobachtern sind Hobbyornithologen und bestens ausgestattet mit Ferngläsern und einem bequemen Stuhl. Der einfache Tourist, der im Rahmen einer Pauschal-Busreise hier her gekarrt wird, muss auf ein gesundes Augenlicht vertrauen, den der Name „schwarze Sonne“ kommt von der Verdunklung der Sonne durch die Formationsflüge der Stare.

Stare am Himmel bilden eine Formation und verdunkeln so die Sonne
Die Formationen der Stare wechseln von Sekunde zu Sekunde und werden so zu einem atemberaubenden Schauspiel am Himmel

Das erstaunliche ist die fehlerfreie, aufeinander abgestimmte Choreografie der Vögel. Der Mensch wird sich fragen: Wer hat hier das Sagen, wer bestimmt wohin, wie schnell geflogen wird? Der Hintergrund dieses Schauspiels ist eigentlich sehr plausibel. Die Formation schützt die Stare vor Angreifern aus der Luft. Eifrige Beobachter berichten aber auch von einem „Abwehrverhalten“. So wissen Fachleute davon zu berichten, dass die Stare bewusst Angreifer anlocken und dann durch die Formation einschließen. Die Greifvögel werden dann mit Kotbespritzt, bis diese quasi „Flugunfähig“ werden. Solch eine Formation zur Abwehr der Fressfeinde ist auch von kleineren Fischarten bekannt, die auf diese Weise den Räubern das Leben schwer machen wollen. Am Himmel lässt es sich etwas einfacher Beobachten und auf YouTube gibt es schöne Aufnahmen hiervon:

https://www.youtube.com/watch?v=oRKALMRQWjg