Schnell und einfach, so muss kochen heute sein. Es hat den Anschein, als würde sich keiner mehr die nötige Zeit zum Kochen nehmen. Meine Oma hat für das Sonntagsessen den ganzen Vormittag und manchmal auch schon am Tag davor in der Küche zugebracht. Der Sonntagsbraten, aus heutiger Sicht viel zu viel Aufwand. Aber noch etwas ist mir gut in Erinnerung geblieben – der Schrank mit der selbstgemachten Marmelade. Ein Traum, für mich das Land, wo Honig fließt und ich in Marmeladenseen schwimme. Und es gab immer Kuchen – nicht einen, nein! Es waren mindesten drei und mein Favorit, der Zuckerkuchen – Hefekuchen mit Zucker obendrauf. Sie wundern sich sicherlich, dass ich noch lebe – nicht war. Nein – Diabetiker bin auch nicht geworden.
Neben einer großen Auswahl an Fertiggerichten aus der Dose oder dem Tiefkühlfach, gibt es eine Reihe von Hilfsmitteln für die diversen Gerichte. Die kleinen Beutelchen die nahezu für jedes Gericht den nötigen „Pfiff“ mitbringen. Ob Auflauf, Pilzpfanne, Frikadellen oder Rahmsoße – einrühren – fertig. Ernährung ist inzwischen komplex – wohl eher kompliziert geworden, denn mehr und mehr ist sie ein Politikum. Wo man geht und steht, egal welche Zeitung man liest, überall wird mit erhobenem Zeigefinger der einzig wahre Weg der Ernährung postuliert. Und immer wieder ließt man „schnell“ und „einfach“. Ernährung ist nicht schnell und Ernährung ist auch nicht einfach – einfach im Sinne von: Man muss sich keine Gedanken machen. Wir ernähren uns „geschmackoptimiert“ – Abwechslung muss her. Im letzten Artikel haben wir uns dem Thema „Fett“ angenommen. Uns allen ist bewusst, dass wir auf die Menge des Fettes achten sollten, dass wir verspeisen. Aber wofür der Körper Fett benötigt und welche Fette wir beim Kochen nutzen sollten, eine solche Fragestellung spielt wohl bei der Erstellung des Einkaufszettels kaum eine Rolle.

Heute wollen wir uns das Thema „Zucker“ bzw. Kohlenhydrate vornehmen. Ketogene Ernährung ist eine weitere Trenderscheinung, die -mal wieder- als DIE Ernährungsvariante im Netz kursiert. Um was geht es dabei? Unter einer ketogenen Ernährung versteht man eine Ernährung mit stark vermindertem Kohlenhydratanteil oder einem völligen Verzicht auf Kohlenhydrate. Das Ziel ist, im Körper eine Umstellung des Stoffwechsels zu provozieren, in deren Folge der Körper zunächst die Fettreserven verbraucht und mittel- bis langfristig der Fettstoffwechsel dominiert. Die Reduktion der Kohlenhydrate schließt auch die Reduktion von Obst -also Fruktose mit ein. Nudeln, Brot, Reis, Kartoffeln und Obst ist (zumindest am Anfang) tabu. Es gibt zwar Professoren, die sagen Zucker wäre der Treibstoff unseres Körpers, aber dem möchte widersprechen, auch wenn ich kein Professor bin. In meiner 10 jährigen Berufserfahrung an der Uniklinik Frankfurt habe ich 3 Jahre auf einer Station für Diabetologie gearbeitet und den Zucker als Feind des Körpers kennengelernt. Der Stoffwechsel der Zelle arbeitet mit Spalt- bzw. Endprodukten für deren Grundlage auch der Zucker herangezogen wird aber eben nicht allein. Kohlenhydrate sind ein schneller Energielieferant. Fett muss komplex verarbeitet werden um letztendlich als Energielieferant zur Verfügung zu stehen. Sowohl Fett als auch die Kohlenhydrate werden zunächst in ihre Speicherform umgebaut. Die Speicherform des Fettes ist uns allen sehr wohl bekannt – wir tragen sie nicht selten vor uns her. Die Kohlenhydrate werden vorwiegend in der Leber und in den Muskeln verstoffwechselt. Die unterschiedlichen Kohlenhydrate werden im Körper in Glucose umgewandelt. Traubenzucker ist bereits Glucose und kann daher direkt in die Blutbahn aufgenommen werden. Doch die Aufnahme in die Blutbahn ist nicht das Entscheidende. Die Verwertbarkeit für die Zellen ist das entscheidende Kriterium. Unsere Zellen benötigen das sogenannte ATP zur Energiegewinnung. Das ATP ist Ergebnis der Atmungskette in den Mitochondrien der Zelle. Während für die Verwertung von Fetten für die ATP-Produktion Sauerstoff notwendig ist, benötigen die Mitochondrien kein Sauerstoff bei der Verwertung von Glucose. Bei körperlicher Anstrengung geht die Sauerstoffversorgung der Zellen etwas zurück, die Energiegewinnung bzw. ATP-Produktion durch Glucose ist hier klar im Vorteil. Fehlt die körperliche Anstrengung erfüllen die Fette den gleichen Zweck wie Glucose und sind insgesamt im Vorteil. Denn es gibt einen kleinen Hacken. Während die Speicherkapazität für Kohlenhydrate begrenzt ist, ist diese für Fette unbegrenzt – leider oftmals allzu deutlich zu sehen. Sind die Speicher für die Kohlenhydrate voll, werden diese in Fett umgewandelt.
Hier ein paar Zahlen: Von 50g Glucose gelangen 6g ins Gehirn, 44g in Leber, Muskulatur und Fettgewebe. Glucose wird in Form von Glykogen gespeichert. Die Speicherkapazität für Glykogen beträgt in der Leber 150g und in der Muskulatur 150g – 200g.
Wie kommt es nun zur Reaktivierung der Speicher bzw. wann werden die Speicher in Angriff genommen? Ganz klar – durch körperliche Arbeit. Die Muskeln können ATP-Reserven für ca. 30 Minuten anlegen. Ein Grund für die Empfehlung mindestens 30 Minuten Sport zu betreiben. Aber auch schon nach 5 Minuten wird ATP verbraucht und die Zellen müssen neues produzieren – sprich Energiereserven heranziehen. Im Normalfall bedient sich der Körper zunächst den einfach zugänglichen Speicher – den Glykogen-Speicher. Sind diese leer, geht es an die Fettreserven.
Aber auch Adrenalin und Cortisol steuern die Energiegewinnung. Stress ist also für den Körper ebenso ein Signal, die Energiereserven zu mobilisieren. Dauerhafter Stress führt aus diesem Grund zu fatalen Folgen. Aber das Klären wir vielleicht mal in einem separaten Artikel – es ist auf jeden Fall interessant.
Um nicht zu tief in die Biochemie einzusteigen, kurz und in klaren Worten: Fett und Kohlenhydrate sind für uns wichtig. Allerdings ist es von entscheidender Bedeutung, ob wir viel körperliche Arbeit ausüben oder eher weniger Bewegung unseren Tagesablauf bestimmt. Achtung – jetzt kommts: Ausgewogen, sollte der Anteil von beidem sein und es gibt qualitativ hochwertige Kohlenhydrate und weniger hochwertige Kohlenhydrate. Kartoffeln gehören eindeutig zu den Guten. Allerdings ist sind in vielen Produkten die weniger hochwertigen in nicht unerheblicher Menge verborgen. Ich selbst habe mich mal 15 Wochen ketogen ernährt, um die Erfahrungen zu sammeln. Die wohl komplizierteste Aufgabe war, beim Einkauf auf den Verpackungen den Anteil und die Form der Kohlenhydrate zu entdecken und zu entschlüsseln. Im Ergebnis habe ich tatsächlich 16 Kilo abgenommen und mich während dieser Zeit extrem leistungsfähig gefühlt.
Fazit: Ernährung ist nicht einfach und schnell. Bereits bei der Einkaufsliste sollte ein Plan vorliegen – zumindest grob. Wer versucht dauerhaft schlechte Kohlenhydrate zu meiden, wird nach einer Weile feststellen, dass er auf bestimmte Produkte verzichten muss. Allerdings gelangt man beinahe automatisch zu einer frischen Ernährung mit hohem Gemüseanteil. Zugegeben – das ist gerade für Berufstätige nicht immer leicht – aber wie gesagt: Schnell und einfach gibt es eigentlich nur das Rezept für Insulin, wenn man seinen Stoffwechsel dauerhaft mit Zucker überfrachtet hat.
Als warum nicht mal wieder einen schönen Sonntagsbraten mit Kartoffeln und einer Soße, die nicht aus der Tüte, sondern vom Anbraten des Fleisches stammt. Ein bisschen komplizierter aber definitiv schmackhafter und gesünder.
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